75 % Monstertijdrit

Das Monstertijdrit

Eigentlich eine ganz einfache Sache: ein Zeitfahren über drei Runden à 40,85 km, insgesamt also exakt 122,55 km. Die Strecke ist ein Rechteck im völlig flachen Polderland in der Nähe von Almere (NL). Sollte doch zu machen sein – dachte ich.

Der Plan und seine Umsetzung

Nachdem ich inzwischen auch auf meinem Zeitfahrrad über einen Leistungsmesser verfüge, konnte ich mir im Vorfeld konkrete Gedanken zum optimalen Pacing machen.

Angepeilt habe ich zunächst einen 35er Schnitt, hierfür wären im Durchschnitt etwa 210 Watt nötig.  Klingt ja irgendwie sehr defensiv und so forschte ich ein wenig weiter und fand im Tour Forum die Empfehlung von Patrice Clerc, mit ~ 90 % der Schwellenleistung zu starten und dann im Verlauf des Rennens zu sehen, was noch geht. Muss wohl irgendwie überlesen oder verdrängt haben, dass es sich im TF um ein 91 km Rennen handelte und ich ja über fast 123 km kommen wollte.

Naja, egal, der Plan, erst mal etwas zügiger zu starten, gefiel mir, auch aus traditionellen Gründen. Er wurde dann auch prompt in die Tat umgesetzt und ging dann auch eine ganze Runde gut. Schon diese erste Runde zehrte allerdings merklich an meinem Gemüt, weil mich die schier endlosen Geraden des Polderlands nervten. Nirgendwo ein Ende in Sicht, nur ein paar Bäume, Bewässerungskanäle und Windräder. Irgendwann hasste ich sogar jede der 4 Kurven, weil sie einen ja doch nur auf die nächste, wieder endlose Gerade führen.

Dann fingen die Probleme nach Runde 1 auch bald an. Ernährungsmäßig war ich mit Gels, Maltodextrin in einer der beiden Trinkflasche und meinen speziellen Waffelkreationen gut gerüstet. Blöd war nur, dass das erste Gel nur mit Mühe zu überreden war, in meinem Magen zu verbleiben und auch die andere halbfeste Nahrung nicht so richtig runterging. Jedenfalls war schnell klar, dass ohne ausreichende Zufuhr von Energie der Tank viel früher leer sein würde als geplant. Et voilà: schon die zweite Runde lief deutlich zäher und mir wurde langsam klar, dass die dritte Runde ziemlich grauenvoll werden würde. Vielleicht hätte ich nach der zweiten Runde direkt aussteigen sollen, wollte ich aber nicht. Wenigstens noch *irgendwie* zu Ende fahren, war der neue Plan. Nachdem dieses *irgendwie* aber dann sehr bald rein gar nichts mehr mit Zeitfahren zu tun hatte, sank meine Motivation weiter. Ich hatte auch absolut, überhaupt keine Lust mehr, auf diesem Zeitfahrrad zu sitzen, mir war übel, Krämpfe kündigten sich an. Alles Mist.

Das ungefähr muss wohl der Zeitpunkt gewesen sein, an dem ich nach knapp 92 km rechts ran bin und mich ins Gras gesetzt habe. Nach ein wenig Erholung bin ich dann ganz gemächlich zum Start/Ziel zurückgeradelt, hab meinen Kram ins Auto gepackt und bin nach Hause gestartet. Die in solchen Fällen obligatorische Rettungs-Cola von der nächsten Tankstelle leistete dann wie immer gute Dienste und abends war ich dann auch schon wieder munter und bereits zur Aufnahme fester Nahrung.

Fazit

Insgesamt ein wirklich empfehlenswertes Rennen, zumindest für diejenigen, die gerne 3 oder 4 Stunden auf dem Zeitfahrrad sitzen. Sehr entspannte, nette Organisation, moderates Startgeld, Zeitmessung mit Chip, kaum Verkehr auf der Strecke und weitgehend guter bis sehr guter Straßenbelag. Das Wetter war optimal: um die 20°C, relativ wenig Wind. Die Zeit des Siegers Remco Grasman beträgt unglaubliche 2:39:57 h, was einen Durchschnitt von sagenhaften 45,97 km/h ergibt. Schnellste Frau war Mathilde Matthijse in 3:03:57 h mit einer Durchschnittgeschwindigkeit von 39,97 km/h.
Leider hat es zwei Verletzte Radfahrer bei Unfällen bzw. Stürzen gegeben: bei einer Kollision mit einem Auto gab es Rippenbrüche und ein weiterer Fahrer brach sich das Schlüsselbein. (Gute Besserung an beide!)

Mein persönliches Fazit: zu schnell gestartet, zu wenig gegessen, Lichter aus. Ein weiteres Monsterzeitfahren werde ich ziemlich sicher nicht angehen, da sind mir die kürzeren Rennen dann doch lieber. Dann funktioniert auch mein Plan wieder besser. 😉

Bilder: selbst bzw. Bauke Wagenmakers